Das alljährliche Treffen der Küstenländer Schleswig-Holstein, Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern fand in diesem Jahr in Rostock-Warnemünde statt. Die Küstenverkehrs- und Wirtschaftsministerkonferenz (KüWiVerMinKo) befasste sich unter anderem mit dem Ausbau Erneuerbarer Energien (EE). Die Minister, Senatorinnen und Senatoren stellten fest, dass sich der Ausbau zwar positiv entwickelt habe, es aber weiterer Anpassungen bedarf, um die ambitionierten Ziele zu erreichen. So hieß es in Richtung des Bundes, dass weiterhin eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren erforderlich sei und der Bund prüfen möge, wie die heimische EE-Industrie wiederbelebt werden könne. Dazu der niedersächsische Wirtschaftsstaatssekretär Frank Doods: „Auf dem Weg zur CO2-Neutralität im Jahr 2045 erwarten wir erhebliche Herausforderungen beim Netzausbau für Niedersachsen, nicht zuletzt aufgrund der zusätzlichen Offshore-Anbindungen. Damit verbindet sich oft ein weiterer Flächenverbrauch – und damit regionale Nutzungs- und Interessenkonflikte, eine Gewährleistung des Natur- und Artenschutzes sowie eine hohe Belastung der Genehmigungsbehörden. All das wird Niedersachsen lösen müssen. Damit dies gut gelingt, muss die Bundesregierung dafür sorgen, dass Genehmigungsprozesse wirksam beschleunigt werden, Finanzierungsinstrumente zügig und zielgerichtet angepasst werden und Anreize zur Wiederbelebung der heimischen EE-Industrie gesetzt werden. Akzeptanz wird am besten zu erreichen sein, wenn den Belastungen ein angemessener Ausgleich und belastbare wirtschaftliche Perspektiven gegenüberstehen, das heißt: in Norddeutschland neue Wertschöpfungsketten und Arbeitsplätze geschaffen werden.“
Zu den industriepolitischen Perspektiven der „Blauen Wirtschaft“, also dem Bereich der Wirtschaft, der mit dem Meer verbunden ist, berichtete das Land Schleswig-Holstein. Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen machte deutlich, dass die Reduktion von Treibhausgasemissionen nicht zuletzt für die Häfen eine große Herausforderung sei. Andererseits biete die Transformation auch wirtschaftliche Chancen.
Um die Küstenländer beim Umbau zu unterstützen, legten die Nordländer der Bundesregierung nahe, insbesondere für die Entwicklung einer klimafreundlicheren maritimen Wirtschaft nationale und europäische Förderprogramme aufzulegen. „Der Bund hat die Bedeutung der Häfen beim Import erneuerbarer Energieträger erkannt. Um allerdings so massiv auszubauen, wie es in den nächsten Jahren nötig ist, braucht es schnelle und entschlossene Schritte zur Finanzierung dieser gigantischen Projekte“, sagte Madsen.
Ein weiteres Thema der Konferenz war die norddeutsche Zusammenarbeit im Bereich des Wasserstoffs. Hier sehen sich die norddeutschen Länder nicht zuletzt aufgrund der guten Standortvoraussetzungen als Vorreiter beim Aufbau der Wasserstoffwirtschaft. Sorgen bereiten den Nordländern die Verzögerungen bei dem sogenannten IPCEI Wasserstoff. IPCEI (Important Projects of Common European Interest) sind strategische Förderprojekte der Europäischen Kommission, die bei der Umsetzung von Vorhaben im gemeinsamen europäischen Interesse helfen sollen. Beihilferechtlich müssen diese Vorhaben von der EU genehmigt werden. Dieser Genehmigungsprozess stockt und führt insbesondere bei beteiligten Unternehmen zu Unsicherheiten bei der Planung von Kapazitäten. Hier drängen die Nordländer die Bundesregierung, sich verstärkt für eine zügige Lösung einzusetzen. Die Nordländer begrüßten die jüngst vorgestellten Pläne zum Wasserstoff-Kernnetz als ersten wichtigen Schritt. „Wichtig ist jetzt“, so Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Reinhard Meyer, „dass diese Vorhaben möglichst schnell realisiert werden, um geplante Projekte und Investitionen zeitnah umsetzen zu können. Gleichzeitig sehen wir im Nordosten noch weiteren Bedarf für eine bessere Ost-West-Verbindung. Die Diskussion zur Weiterentwicklung des Kernnetzes sollte deshalb zügig fortgesetzt werden.“
Eine entscheidende Rolle beim Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft spielen zudem die Seehäfen. Sie sind Drehscheibe der Energiewende und haben für die gesamte Volkswirtschaft in Deutschland und Europa herausragende Bedeutung. Bei den Investitionen in Erhalt und Ausbau der Hafeninfrastruktur sind die Nordländer allerdings vielfach auf sich allein gestellt. So hat sich die Summe, die der Bund den Ländern für die Finanzierung der Seehäfen bereitstellt, seit über 20 Jahren nicht erhöht und verharrt bei 38,3 Millionen Euro. Um insbesondere den künftigen Bedarfen gerecht zu werden, ist eine Summe von 400 Millionen Euro notwendig, wie die Küstenländer im Rahmen ihrer Konferenz deutlich machten.
„Die notwendige Transformation der Wirtschaft mit dem Ziel der Klimaneutralität und die Energiewende sind nur mit funktionsfähigen Seehäfen zu schaffen“, stellt Kristina Vogt, die Bremer Senatorin für Wirtschaft, Häfen und Transformation klar. „Nur über die Hafenstandorte an der Küste können die Offshore-Windenergieanlagen produziert, gelagert, umgeschlagen und installiert werden. Hinzu kommt, dass die deutschen Seehäfen eine zentrale Bedeutung für die deutsche Im- und Exportwirtschaft als ‚Tore zur Welt‘ haben. Wir Küstenländer nehmen in den Seehäfen deshalb Aufgaben im Interesse der gesamten deutschen Volkswirtschaft wahr. Dafür fordern wir eine neue Finanzausstattung zur kontinuierlichen Unterhaltung, zum Ausbau und zur Anpassung der Seehafeninfrastruktur für die bevorstehende Transformation unseres Landes. Der Bund muss massiv in die deutschen Seehäfen investieren. Die Küstenländer erwarten, dass sich in der Nationalen Hafenstrategie nicht nur pauschale Erklärungen über die Bedeutung der Seehäfen finden, sondern konkrete Aussagen über einen Fahrplan zur angemessenen und dringend erforderlichen Finanzausstattung. Dazu gehört auch, dafür zeitnah die rechtlichen und haushalterischen Voraussetzungen zu schaffen.“
Hamburgs Senatorin für Wirtschaft und Innovation, Dr. Melanie Leonhard, ergänzt: „Ob es um stabile Lieferketten, Importe von Energieträgern oder den Export deutscher Waren für den Weltmarkt geht – die Häfen spielen für die gesamte Volkswirtschaft eine tragende Rolle. Es ist an der Zeit, dass die Bundesrepublik diese national bedeutsame Infrastruktur auch zu einer gemeinsamen Aufgabe macht und sich für den Ausbau und Unterhalt engagiert, damit die Häfen auch künftig in der Lage sind, ihren Aufgaben für die gesamte Bundesrepublik nachzukommen.“
Mehr Engagement des Bundes forderten die Länder auch beim Tourismus. Insbesondere der regionale und klimafreundliche Tourismus müsse gestärkt werden, so die Minister, Senatorinnen und Senatoren der Nordländer. „Der Bund ist gefordert, ein entsprechendes Förderprogramm aufzulegen, das nicht zuletzt Schwerpunkte auf Klimafolgenanpassung, Klimaschutz und Nachhaltigkeit legt. Der Tourismus ist von der Corona-Pandemie mit am stärksten getroffen worden. Den Neustart sollten wir nutzen, um ein größeres Augenmerk auf Nachhaltigkeitsaspekte zu legen. Auch das ist eine gesamtdeutsche Aufgabe, die die Küstenländer nicht alleine stemmen können“, so Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Reinhard Meyer. Darüber hinaus wurde im Rahmen der Konferenz vereinbart, das internationale Marketing der norddeutschen Tourismusregionen gemeinsam weiter zu stärken. „Wichtig ist, auf die Vorzüge der norddeutschen Länder auf ausländischen Märkten aufmerksam zu machen und Alleinstellungsmerkmale herauszustellen. Es geht darum, neue Gäste zu werben und Gründe zum Wiederkommen zu liefern. Bei ausländischen Gästen besteht enormes Potential, den Norden zu entdecken“, betonte Wirtschaftsminister Meyer.
Mit dem Abschluss der KüWiVerMinKo wechselt der Vorsitz der Ministerkonferenz an das Bundesland Niedersachsen, welches das nächste Treffen organisieren wird.