Bin­nen­schiff­fahrt erfährt grö­ße­re Akzep­tanz bei Großraum- und Schwer­last­trans­por­ten (GST)

5. spc Forum Sondertransporte thematisiert aktuelle Lage und zeigt Alternativen auf

Bonn, 30. Novem­ber 2023 – Der Trans­port von Großraum- und Schwer­last­kom­po­nen­ten (GST) auf der Stra­ße gestal­tet sich wei­ter­hin für alle Betei­lig­ten sehr schwie­rig. Lan­ge Geneh­mi­gungs­ver­fah­ren, Umwe­ge durch Ablas­tun­gen, ins­be­son­de­re von Brü­cken, die wie­der­um zu auf­wen­di­ge­ren Geneh­mi­gungs­ver­fah­ren füh­ren, sind ursäch­lich dafür. Wie sich die aktu­el­le Lage dar­stellt und wel­che Alter­na­ti­ven zur Ver­fü­gung ste­hen, um GST vor allem plan­ba­rer zu gestal­ten, dis­ku­tier­ten 15 Refe­ren­tin­nen und Refe­ren­ten und rund 100 Teil­neh­mer aus Wirt­schaft, Poli­tik und Behör­den auf dem 5. Forum Son­der­trans­por­te (GST) kürz­lich in Bonn. 

spc Geschäfts­füh­rer Mar­kus Nöl­ke erläu­ter­te in sei­ner Begrü­ßung den Schwer­punkt des dies­jäh­ri­gen Forums, in dem die Kun­den im Mit­tel­punkt ste­hen sol­len. Dies sind vor allem Indus­trie­un­ter­neh­men des Anla­gen­baus, die über Spe­di­teu­re ver­tre­ten wer­den, wel­che im Auf­trag die Trans­por­te orga­ni­sie­ren und durch­füh­ren. Nöl­ke beton­te wei­ter, dass der Aus­bau der erneu­er­ba­ren Ener­gien, allem vor­an der Wind­ener­gie, zu einer star­ken Zunah­me von GST füh­ren wird. Dabei stel­len vor allem die Trans­por­te von immer län­ger wer­den­den Rotor­blät­tern eine gro­ße Her­aus­for­de­rung dar. Gene­rell kann man sagen, dass vie­le Kom­po­nen­ten im Anla­gen­be­reich grö­ßer und schwe­rer wer­den.    

Den Beginn mach­te Mei­ke Eilts vom Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Digi­ta­les und Ver­kehr (BMDV). Sie berich­te­te von den bereits aktu­ell durch­ge­führ­ten und geplan­ten Umset­zun­gen des BMDV zur Ver­la­ge­rung von GST auf die Was­ser­stra­ße und Schie­ne. Wesent­li­ches ver­kehrs­po­li­ti­sches Ziel bei der Ver­la­ge­rung von GST auf die Was­ser­stra­ße ist die Ent­las­tung der Stra­ßen­in­fra­struk­tur, aber auch die Bewäl­ti­gung des pro­gnos­ti­zier­ten stei­gen­den Güter­ver­kehrs ist nur durch Nut­zung aller Ver­kehrs­trä­ger (Schie­ne, Stra­ße und Was­ser­stra­ße) mög­lich. Bei­spiels­wei­se wur­den bereits über 100 qua­li­täts­ge­si­cher­te GST-Umschlagsstellen an den Bun­des­was­ser­stra­ßen und Häfen in ELWIS – dem Online-Serviceangebot der Wasserstraßen- und Schiff­fahrts­ver­wal­tung des Bun­des – im Juni 2023 ver­öf­fent­licht. Wei­te­re Daten­frei­ga­ben erfol­gen bis Ende 2023/Anfang 2024. In VEMAGS wer­den in Kür­ze die GST-Umschlagstellen eben­falls ent­hal­ten sein, um den gebro­che­nen Trans­port auf Was­ser­stra­ße und Stra­ße dar­zu­stel­len. 

Zudem wur­de auf die im August gestar­te­te För­de­rung zur Schaf­fung von GST-Linienverkehren auf Was­ser­stra­ßen hin­ge­wie­sen.  

Im Jahr 2024 steht u. a. die end­gül­ti­ge Aus­wei­sung von Mikro­kor­ri­do­ren als Stan­dard­rou­ten vom über­ge­ord­ne­ten Stra­ßen­netz zu den Häfen mit den Bun­des­län­dern an, um hier zukünf­tig durch eine Dauer- bzw. Kurz­zeit­ge­neh­mi­gung das Geneh­mi­gungs­ver­fah­ren der Stra­ße enorm ein­zu­spa­ren. Anhand von kon­kret geplan­ten Wind­parks wird mit den Län­dern Rheinland-Pfalz und NRW und den Stake­hol­dern im Jahr 2024 auf­ge­zeigt, wie die Geneh­mi­gungs­pro­zes­se des gebro­che­nen Trans­ports ver­ein­facht und die Trans­port­mög­lich­kei­ten auf Stra­ße und Was­ser­stra­ße opti­miert sowie HUBS in Häfen ein­ge­rich­tet wer­den kön­nen.  

Mit die­sen Bau­stei­nen wer­den Bin­nen­hä­fen und Was­ser­stra­ßen noch sicht­ba­rer und plan­ba­rer für GST-Beteiligte.  

Ver­kehrs­ver­la­ge­rung als Aspekt der Kun­den­zu­frie­den­heit war das The­ma von Eric Hein. Sein Arbeit­ge­ber Lieb­herr führt jähr­lich über 10.000 Schwer­trans­por­te durch. Ihm ist es wich­tig, dass der Maschi­nen­trans­port für sei­ne Kun­den und sein Unter­neh­men kal­ku­lier­bar ist, sowohl finan­zi­ell als auch zeit­lich, sprich wann ist die Ware für den Kun­den ein­setz­bar. Auch der öko­lo­gi­sche Fak­tor spielt eine Rol­le. Daher führ­ten sie als Test­lauf einen Kran­trans­port von Ehin­gen nach Zee­brüg­ge mit einer Kom­bi­na­ti­on von Tief­la­der, Bin­nen­schiff und RoRo-Barge durch. Das Ergeb­nis: ca. 30 % güns­ti­ger als der rei­ne Lkw-Transport. 

Eine Mög­lich­keit, das geeig­ne­te Schiff für einen GST zu fin­den, bie­tet bei­spiels­wei­se der Online-Marktplatz Bargelink.com. Des­sen Betrei­ber Axel Götze-Rohen demons­trier­te die bereits seit 23 Jah­ren (auch im Markt­seg­ment GST) im Markt akti­ve Platt­form. Sie erlaubt eine Suche nach Schiffs­grö­ße, Abmes­sun­gen und Ver­füg­bar­keit. Das Ange­bot funk­tio­niert auch umge­kehrt. Ver­la­der (aus Indus­trie oder Han­del) oder Logis­tik­dienst­leis­ter kön­nen ihre Ladun­gen so der kom­plet­ten euro­päi­schen Bin­nen­schiff­fahrt anbie­ten. Inter­es­sier­te Schiffs­eig­ner oder Ree­de­rei­en haben dann die Mög­lich­keit, den poten­zi­el­len Auf­trag­ge­ber direkt zu kon­tak­tie­ren. Bargelink.com lie­fert für alle Nut­zer eine gute Markt­über­sicht und eröff­net immer wie­der neue Chan­cen und Alter­na­ti­ven. 

Neben Was­ser und Land könn­te auch der Trans­port per Luft­schiff in Zukunft wie­der inter­es­sant wer­den. Nach dem Schei­tern von Car­go­lif­ter ver­sucht nun das französisch-kanadische Start-Up Fly­ing Wha­les Trans­por­te per Luft­schiff zu rea­li­sie­ren. Im Gegen­satz zum Cargolifter-Konzept, das bis zu 160 Ton­nen schwe­re Güter trans­por­tie­ren soll­te, setzt Fly­ing Wha­les auf ein maxi­ma­les Gewicht von 60 Ton­nen. Mit 14 Heli­um­zel­len ange­trie­ben, soll es bis zu 1000 km ohne nach­zu­tan­ken zurück­le­gen kön­nen. Der ers­te Flug ist für 2026 geplant. Fly­ing Wha­les hat auch die Wind­ener­gie­bran­che im Fokus. Anlass für den Bei­trag auf dem Forum war die Fra­ge­stel­lung, ob Luft­schif­fe sich für ein Last-Mile Kon­zept eig­nen, bes­ten­falls im Haupt­lauf per Bin­nen­schiff und die letz­te Mei­le per Luft­schiff. Armel­le Tar­rieux und Antoine Fois zeig­ten dazu die Mög­lich­kei­ten des Kon­zepts auf.   

Der Schwer­punkt des zwei­ten Teils des Forums waren Best-Practice Bei­trä­ge unter Ein­be­zie­hung der Was­ser­stra­ße von füh­ren­den Transport- und Umschlags­un­ter­neh­men.  

Hel­mut Alborn von der August Alborn GmbH & Co. KG aus Dort­mund stell­te alter­na­ti­ve Schwerlast-Umschlagmöglichkeiten vor. Mit beein­dru­cken­den Bil­dern von der Ver­la­dung und Aus­la­dung von Gene­ra­tor­mit­tel­tei­len mit einem Gewicht von 280t und 480t auf Bin­nen­schif­fe an ver­schie­de­nen Stand­or­ten wur­de ein­drucks­voll das Ver­la­de­kon­zept mit einem hydrau­li­schen Hub­ge­rüst und zusätz­li­cher spe­zi­el­ler Ein­rich­tung gezeigt. Mit die­sem Vor­trag wur­de bewie­sen, dass „nichts unmög­lich“ ist. Nico­las Grimm von der Spe­di­ti­on Küb­ler stell­te den Trans­port eines U‑Boots vor, der im Früh­jahr die­ses Jah­res für bun­des­wei­te Auf­merk­sam­keit gesorgt hat. Von Kiel über den Nord-Ostsee-Kanal, die Nord­see und den Rhein wur­de das 485t schwe­re U 17 auf einem Schwimm­pon­ton trans­por­tiert. Mode­ra­tor Mar­kus Nöl­ke kom­men­tier­te den Bei­trag mit der Fest­stel­lung, dass immer dann, wenn es zum Was­ser­stra­ßen­trans­port auf­grund der Grö­ße des zu trans­por­tie­ren­den Objekts kei­ne Alter­na­ti­ve gibt, wenig Beden­ken und Vor­be­hal­te auf­kä­men. Nöl­ke beton­te wei­ter, dass es wich­tig sei, nicht immer nur über Neu­es oder über spek­ta­ku­lä­re Trans­por­te wie bei dem U‑Boot zu berich­ten, son­dern auch zu zei­gen, dass es dau­er­haf­te und nach­hal­ti­ge Trans­port­kon­zep­te gibt. Als Bei­spiel stell­te Tim Holz­ki von der BEHA­LA den Schwer­guts­hut­tle vor. Die­ser trans­por­tiert Gas­tur­bi­nen von Sie­mens auf kur­zer Distanz mitt­ler­wei­le stan­dard­mä­ßig auf dem Was­ser­weg inner­halb Ber­lins. Dafür wur­den eigens Schwer­gut­ram­pen und ein RoRo-Schwergutleichter kon­zi­piert und gebaut, die eine hori­zon­ta­le Ver­la­dung der bis zu 440t schwe­ren Gas­tur­bi­nen ermög­li­chen. Das Schwer­guts­hut­tle ist seit 2012 in Betrieb und ver­kehrt mehr­fach im Monat. Mat­thi­as Pichl von Fel­ber­mayr stell­te den Trans­port von 141 Raum­mo­du­len über den Was­ser­weg im Früh­jahr von Nürn­berg nach Bonn vor. „Es waren auch Kapa­zi­täts­grün­de, resul­tie­rend aus den zahl­rei­chen neu­en BF4 Auf­la­gen der Auto­bahn GmbH, die uns ver­an­lasst haben, den Trans­port auf das Bin­nen­schiff zu ver­la­gern“, so Pichl. Ins­ge­samt lagen die Kos­ten für den mul­ti­mo­da­len Trans­port über denen des Stra­ßen­trans­ports. Gleich­wohl wäre er aber in der glei­chen Zeit mit den glei­chen per­so­nel­len Res­sour­cen nicht rea­li­sier­bar gewe­sen. 

In der anschlie­ßen­den Podi­ums­dis­kus­si­on herrsch­te Einig­keit über die Poten­zia­le von GST auf der Was­ser­stra­ße. Kai West­phal, Ves­tas Deutsch­land GmbH, mein­te: „Das Ein­brin­gen des Bin­nen­schif­fes in die Trans­port­ket­te zur Errich­tung von WEA in Deutsch­land kann in man­chen Berei­chen durch­aus Sinn machen. Ver­läss­lich­keit, Plan­bar­keit und Kos­ten müs­sen hier ent­spre­chen­de Anrei­ze schaf­fen.“  

Einig­keit herrsch­te aber auch über die Not­wen­dig­keit enger Zusam­men­ar­beit, Geneh­mi­gungs­ver­fah­ren zu ver­ein­fa­chen und büro­kra­ti­sche Hür­den abzu­bau­en.  

„Mul­ti­mo­da­le Trans­port­ket­ten bie­ten für den Groß- und Schwer­trans­port vie­le Mög­lich­kei­ten. Um die­se aber wirk­lich effek­tiv nut­zen zu kön­nen, ist eine Ein­bin­dung aller Trans­port­we­ge in einem Antrags­sys­tem not­wen­dig. Nur wenn der voll­stän­di­ge Trans­port­weg in einem Ver­fah­ren durch­ge­führt wer­den kann, wer­den sich mul­ti­mo­da­le Trans­port­ket­ten sicher imple­men­tie­ren las­sen. Die auf der Minis­ter­prä­si­den­ten­kon­fe­renz am 6. Novem­ber 2023 beschlos­se­ne Wei­ter­ent­wick­lung des Ver­kehrs­ma­nage­ment­sys­tems geht hier in die rich­ti­ge Rich­tung und es gilt nun, die­se schnellst­mög­lich umzu­set­zen. Hier erwar­ten wir gera­de von Sei­ten des BMDV ein pro­ak­ti­ves Vor­ge­hen sowie die Koor­di­na­ti­on und Pro­jekt­lei­tung eines sol­chen Ver­fah­rens“, sag­te Sebas­ti­an Steul vom Ver­band der Maschinen- und Anla­gen­bau­er (VDMA). 

„Eine stär­ke­re Ein­bin­dung der Was­ser­stra­ße liegt auch im Inter­es­se der Schwer­gut­lo­gis­tik. Wesent­li­che Bau­stei­ne hier­für sind eine Bewusst­seins­bil­dung bei den Akteu­ren und vor allem eine deut­li­che Attrak­ti­vi­täts­stei­ge­rung des Ver­kehrs­trä­gers Was­ser­stra­ße, wofür es hier aber noch mar­kan­ter Inves­ti­tio­nen bedarf“, so Hel­mut Schgei­ner, Geschäfts­füh­rer, Bun­des­ver­band Schwer­trans­por­te und Kran­ar­bei­ten (BSK) e.V. 

„Mei­ner Mei­nung nach kom­men wir, wenn auch nicht so schnell wie wir es uns wün­schen, immer wei­ter und das Ver­ständ­nis sowie das Ver­trau­en unter­ein­an­der wächst. Es ist deut­lich gewor­den, dass Ver­la­der, Poli­tik und Logis­ti­ker buch­stäb­lich in einem Boot sit­zen und wir gemein­sam rudern müs­sen“, mein­te Hol­ger Dechant von Uni­ver­sal Trans­port / Gru­ber Group. 

„Die Bin­nen­schiff­fahrt ist bereit und in der Lage, eine stär­ke­re Funk­ti­on in den Mul­ti­mo­da­len Trans­port­ket­ten zu über­neh­men. Wir sind aber auf eine belast­ba­re Infra­struk­tur im Ein­zugs­ge­biet der Häfen (Tri­mo­dal) ange­wie­sen. Trans­port­ket­ten, die mul­ti­mo­dal ange­legt sind, soll­ten einem ver­ein­fach­ten Geneh­mi­gungs­ver­fah­ren unter­lie­gen, um so eine bes­se­re Plan­bar­keit und Ver­läss­lich­keit in der Zufahrt zu den Häfen und auch in der Abfahrt von den Häfen (Hafen­kor­ri­do­re) zu errei­chen,“ so David Schütz, Deut­sche Bin­nen­ree­de­rei GmbH / Rhen­us Logi­stics. 

„Auch wenn es noch viel zu tun gibt, sind wir auf einem guten Weg. Es gibt noch gro­ßes Poten­zi­al für die Ver­la­ge­rung von GST auf den Was­ser­weg. Wich­tig ist, dass alle am Trans­port Betei­lig­ten mit­ein­an­der reden und gemein­sa­me Lösun­gen erar­bei­ten. Das Forum Son­der­trans­por­te des spc soll ein Ort für den Dia­log sein und daher wird es auch 2024 ein Forum geben“, fass­te Nöl­ke in sei­nem Schluss­wort die Ver­an­stal­tung zusammen.

Im Bild v. l. n. r. Micha­el Cierkpa / FLY­ING WHA­LES, Kai West­phal / Ves­tas, Anto­nio S. Fois/ FLY­ING WHA­LES, Sebas­ti­an Steul / Ver­band Deut­scher Maschi­nen und Anla­gen­bau, Armel­le Tarrieu/ FLY­ING WHA­LES, Axel Götze-Rohen / Bargelink.com, Nico­las Grimm / Küb­ler Spe­di­ti­on, Eric Hein / Lieb­herr Group, David Schütz / DBR/Rhenus Logi­stics, Hel­mut Alborn / August Alborn GmbH & Co. KG, Hel­mut Schgei­ner / BSK Bun­des­ver­band Schwer­trans­por­te und Kran­ar­bei­ten e.V., Tim Holz­ki / BEHA­LA , Mat­thi­as Pichl / Fel­ber­mayr Deutsch­land GmbH, Mei­ke Eilts / Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Digi­ta­les und Ver­kehr, Hol­ger Dechant / Uni­ver­sal Trans­port Group und Mar­kus Nöl­ke, spc, als Moderator.

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