Um die Klimaneutralität für alle EU-Länder bis 2050 zu erreichen und damit den ehrgeizigen europäischen Green Deal zu verwirklichen, ist die Steigerung der Energieeffizienz in allen Sektoren ebenso wichtig wie der verstärkte Einsatz erneuerbarer Energien. Im Verkehrswesen bedeutet dies, dass der Anteil der Fahrzeuge, die mit Strom und nachhaltigen alternativen Kraftstoffen angetrieben werden, erhöht werden muss – einschließlich der Binnenschiffe. Außerdem soll eine umweltfreundliche Verkehrsverlagerung von den stark überlasteten Straßen auf wenig ausgelastete Binnenschifffahrtswege erreicht werden.
Die verstärkte Nutzung der Binnenschifffahrt wird jedoch schon jetzt durch Veränderungen in der Ladungsstruktur und schwankende Wasserstände aufgrund klimatischer Veränderungen behindert. Auf der anderen Seite hat eine Reihe von Studien gezeigt, dass kleine, autonome Einheiten auf dem Wasser ökonomisch und ökologisch nachhaltig neue Logistikdienstleistungen erbringen können – auch auf bisher nicht ausgelasteten Wasserstraßen. Die Wiederbelebung dieser Ressourcen durch den Einsatz emissionsfreier Binnenschiffe und deren Kombination mit Elektro-Lkw für die letzte Meile führt zu einer ganz neuen Logistikdienstleistung, die den Klimazielen von „Fit for 55“ entspricht.
Ab Januar 2024 verfolgen neun namhafte Partner aus sechs europäischen Ländern die Entwicklung eines neuen Transportsystems unabhängig von den etablierten Strukturen. Es werden neue Binnengüterschiffe entwickelt, die in kleinen Wasserstraßen, auch in engen Gewässern und bei Niedrigwasserlagen, zuverlässig Transportleistungen erbringen können. Neue Verteilerknotenpunkte werden als Schnittstellen zum Straßenverkehr konzipiert, die gleichzeitig den Güterumschlag und die emissionsfreie Energieversorgung von Schiffen und Lkw sicherstellen. Geografisch gesehen befinden sich die beiden Anwendungsfälle von AUTOFLEX in der Randstadregion um Amsterdam sowie in der ostflämischen Stadt Gent.
Die Projektpartner wollen die Machbarkeit des neu konzipierten Transportsystems durch Tests im Modellmaßstab und mit Hilfe eines Demonstrators in Originalgröße, bestehend aus einem von DFDS aus Dänemark zur Verfügung gestellten und mit Technologie von Maritime Robotics aus Norwegen ausgestatteten Demonstrationsschiffs, bewerten und nachweisen. Das Konsortium – bestehend aus Entwicklungs- und Anwendungspartnern aus Industrie, Forschung und Wissenschaft – plant, Folgendes im Detail zu demonstrieren:
1) Wettbewerbsfähige emissionsfreie Binnenschiffe, die auf kleinen Wasserstraßen autonom und ohne Besatzung an Bord fahren können und gegenüber extremen Niedrigwasserperioden widerstandsfähig sind.
2) Entwicklung einer Verkehrssystemarchitektur und ihrer Komponenten für die städtische Verteilung auf dem Wasser, die eine wirksame Alternative zum Straßenverkehr darstellt und den Umschlag zwischen verschiedenen Verkehrsträgern ermöglicht.
3) Entwicklung eines kombinierten Lade- und Energieknotens (stow&charge) für die zuverlässige Bereitstellung von elektrischer Energie für das neue Verkehrssystem.
4) Entwicklung tragfähiger Geschäftsmodelle für den neuen wassergestützten Transportdienst.
5) Demonstration und Validierung des auf der autonomen Binnenschifffahrt basierenden Verkehrssystems und der zugehörigen Schiffskonzepte – durch quantitative Analyse, Computersimulation, Tests und Demonstration im Modellmaßstab sowie durch eine Demonstration in großem Maßstab.
6) Ausarbeitung von Empfehlungen für Politik und Industrie, Vorschlag von Schnittstellennormen, z.B. für die ISO, und Erstellung eines Fahrplans für die Realisierung.
Die Entwicklung von AUTOFLEX hat das Potenzial, nicht nur entscheidende Impulse für die Umstellung des europäischen Verkehrssystems auf ein klimaneutrales Modell zu geben, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Forschung und Industrie zu stärken.
In AUTOFLEX bündelt das Fraunhofer CML seine logistische und technische Expertise für autonome Schiffe, indem es für die Neugestaltung des Transportsystems verantwortlich ist und sich an der Entwicklung und Bewertung von Methoden zur Validierung der Sicherheit autonomer Navigationssysteme sowie an der Bewertung des Sicherheitszustands autonom betriebener Schiffe beteiligt.
Insgesamt neun Partner aus Belgien, Dänemark, Deutschland, Griechenland, Norwegen und den Niederlanden – unter der Koordination der norwegischen Forschungs- und Technologieorganisation SINTEF Ocean – werden mit 4,5 Millionen Euro über einen Zeitraum von drei Jahren von der Europäischen Kommission im Rahmen des Programms Horizont Europa unter der Finanzhilfevereinbarung Nr. 101136257 gefördert.
Liste der Partner:
- SINTEF Ozean AS
- DFDS AS
- NTUA (Ethnicon Metsovion Polytechnion)
- ISE Institut für Strukturleichtbau und Energieeffizienz gGmbH
- Maritime Robotik AS
- Fraunhofer-Center für Maritime Logistik und Dienstleistungen CML
- DST Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme e.V.
- Zero Emission Dienstleistungen BV