Um 9,4 Prozent ging die Verkehrsleistung im Schienengüterverkehrsmarkt zurück und verringerte sich von 140 Milliarden auf 127 Milliarden Tonnenkilometer, so die aktuelle „Marktuntersuchung Eisenbahnen“ der Bundesnetzagentur (BNetzA) für das Jahr 2023. Die Nachfrage nach umweltfreundlichen Transportdienstleistungen steigt zwar, gleichwohl steht dem Bedarf oftmals kein adäquates Angebot gegenüber, das die logistikrelevanten Ansprüche an Kapazitäten, Zuverlässigkeit, Flexibilität und Preis erfüllt, um mehr Güter zu verlagern, stellt der DSLV Bundesverband Spedition und Logistik fest. Angesichts anhaltender Infrastrukturmängel, Regulierungs- und Organisationsdefizite sowie fehlender Anreize für Speditionen und Logistikentscheider verspielt das Gesamtsystem Schiene zunehmend sein Potenzial, große Gütermengen effizient über längere Strecken zu transportieren.
Obwohl der Lkw-Verkehr einem sehr hohen Transformationsdruck mit steigenden CO2- und Wegekostenanlastungen unterliegt, konnte die Schiene hiervon nicht profitieren. Im Gegenteil: Das stetige Güterverkehrsmengenwachstum und der Wandel der Güterstrukturen hin zu zeitsensiblen und kleinteiligeren Sendungen wird größtenteils vom Straßengüterverkehr aufgefangen. Die stärksten Verluste verzeichnen seit Jahren die bundeseigenen Güterbahnen.
DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster: „Das politische Ziel, den Modal Split-Anteil des Schienengüterverkehrs von heute 19 auf 25 Prozent bis zum Jahr 2030 zu steigern, wird leider immer unwahrscheinlicher. Doch nach wie vor hat die Schiene ein hohes Wertschöpfungspotenzial für die deutsche Wirtschaft. Um mehr Güter auf die Schiene zu bringen, müssen die Rahmenbedingungen geändert werden.“
Dies schließt eine auskömmliche, mehrjährig gesicherte Finanzierung der Sanierung und des Ausbaus der Schieneninfrastruktur, Anreize für privatwirtschaftliches Engagement, eine spürbare Verbesserung der Produktqualität von Schienengüterverkehrsleistungen einschließlich der Optimierung der digitalen Kommunikation zwischen Infrastrukturbetreiber, Eisenbahnverkehrsunternehmen und ihren Kunden sowie eine Ausweitung wettbewerbsfähiger Angebote ein.
Huster: „Es zeigt sich, dass eine ordnungspolitische Verteuerung des Straßengüterverkehrs nur wenig Impulse für eine Verlagerung auslöst. Das Gesamtsystem Schiene muss sich viel flexibler den sich ändernden Bedarfen der Kundenseite (Spedition, Logistik und Industrieverlader) und dem fortschreitenden Güterstrukturwandel stellen und darf nicht darauf bauen, dass sich die Strukturen der Logistik langfristig auf einen nur schwer anpassungsfähigen Verkehrsträger ausrichten. Bei der Frage, ob Güter auf der Schiene transportiert werden können, besteht in einem marktwirtschaftlichen Umfeld keine automatische Bringschuld auf Kundenseite. Vielmehr muss die Angebotsseite mit Qualität überzeugen. Bestandskunden der Schiene brauchen Planbarkeit und Zuverlässigkeit. Und für Neukunden müssen zusätzlich Anreize für einen Verkehrsträgerwechsel entstehen.“
In seinem Positionspapier listet der DSLV jetzt 13 konkrete Maßnahmen aus Sicht der Speditions- und Logistikbranche auf, die zur Steigerung des Modal Split-Anteils beitragen können. Die in den Themenfeldern Infrastruktur, Regulierung sowie Qualität/Wettbewerb geclusterten Forderungen zur Verbesserung des Schienengüterverkehrs ergänzen bestehende und vom DSLV unterstützte Maßnahmenkataloge wie den Masterplan Schienengüterverkehr und die Gleisanschluss-Charta.
Die Forderungen der Speditions- und Logistikbranche im Einzelnen:
Für die Infrastruktur:
- Schieneninfrastruktur konsequent gemeinwohlorientiert ausrichten
- Überjährige Finanzierung der Schiene sicherstellen
- Netzkonkurrenz vermeiden – Güterverkehr höher priorisieren
- Generalsanierung und Baustellenmanagement vorausschauend planen
- Europäische Infrastrukturen den wachsenden Kapazitäten des Güterverkehrs anpassen
- Speditionen mit eigenem Gleisanschluss finanziell unterstützen
Für die rechtlichen Rahmenbedingungen:
- Güterverkehrsverlagerungen durch Förderungen anreizen
- Präzisierung des europäischen Rechtsrahmens zur Förderung des Kombinierten Verkehrs
- Kombinierten Verkehr durch Befreiung des Vor- und Nachlaufs von der Lkw-Maut stärken
- Operative Differenzierungen aufheben
- Speditionen mit eigenem Gleisanschluss deregulieren
Für Qualität und Wettbewerb:
- Kundengewinnung durch Qualitätsoffensiven beschleunigen
- Innovationen fördern und ausrollen