Am 7. August 2024 hat die Bundesingenieurkammer sechs Nominierungen zur Vergabe des renommierten Deutschen Ingenieurbaupreises 2024 bekannt gegeben, darunter auch der Neubau des Schiffshebewerkes Niederfinow.
Aus diesem Anlass haben wir die aktuelle Verkehrsstatistik für die Kanalstufe Niederfinow ausgewertet.
Durch den redundanten Betrieb beider Hebewerke wurde an der Kanalstufe Niederfinow seit der Inbetriebnahme des neuen Schiffshebewerkes im Oktober 2022 durchgängig an allen Kalendertagen geschleust.
In den ersten sieben Monaten des Jahres 2024 wurden bereits über 80.000 Gütertonnen mehr Ladung geschleust als im Vergleichszeitraum des Vorjahres (vorwiegend mehr Getreide, Roheisen und Schrott). Dabei wurden gegenüber dem Vorjahr 37% mehr Güterfahrzeuge, 15% mehr Fahrgast- und Kabinenschiffe sowie 5% mehr Sportboote gezählt.
Januar bis Juli 2024 | Januar bis Juli 2023 | |
Fahrzeugaufkommen insgesamt | 6.008 | 5.099 |
davon Güterfahrzeuge | 1.968 | 1.435 |
davon Fahrgast- und Kabinenschiffe | 1.445 | 1.259 |
davon Sportboote | 2.345 | 2.236 |
davon technische Flotte | 241 | 169 |
Die hohe Verfügbarkeit der Bundeswasserstraßen mit dem schon 1968 vollständig liberalisierten Güterschiffsverkehr trifft auf einen zunehmenden Fahrermangel im Lkw-Verkehr und die stetige Verteuerung des Straßengüterverkehrs, z.B. infolge der im Dezember 2023 eingeführten CO² – Maut. Binnenschiffe erzeugen bei gleicher Transportleistung nur ein Drittel der CO² – Emissionen des Lkw-Verkehrs und fahren auf den Bundeswasserstraßen abgabenfrei. An der Havel-Oder-Wasserstraße können wir jetzt tatsächlich einen signifikanten Erfolg bei der Rückverlagerung von Straßengüterverkehr auf die umweltfreundliche Wasserstraße beobachten,
sagt Rolf Dietrich als Leiter des Wasserstraßen-Neubauamtes Berlin.
Hintergrundinformationen zur Havel-Oder-Wasserstraße
Die Havel-Oder-Wasserstraße ist integraler Bestandteil der transeuropäischen Binnenwasserstraße E70 (von Rotterdam bis nach Klaipėda) und damit die einzige Binnenwasserstraße im Transeuropäischen Verkehrsnetz TEN‑V, die einen Ostseehafen (Szczecin-Świnoujście) an das 22.000 Kilometer lange Binnenwasserstraßennetz Westeuropas anbindet.
Über die rd. 40 Kilometer lange Hohensaaten-Friedrichsthaler-Wasserstraße sind die polnischen Seehäfen im Mündungsbereich der Oder und der moderne deutsche Binnenhafen in Schwedt/Oder zudem ganzjährig unabhängig von Niedrigwasserereignissen auf der Oder an das westeuropäische Wasserstraßennetz angebunden. Der ursprünglich als Vorflut für die Entwässerung des Oderbruches angelegte Parallelkanal zur Oder mündet erst unterhalb von deren Gefällestrecke in die Westoder und ist für den Verkehr mit Fahrzeugen der europäischen Wasserstraßenklasse IV ausgebaut.
Das polnischen Zentralamt für Statistik hatte zuletzt mitgeteilt, dass sich die durchschnittliche Transportentfernung im grenzüberschreitenden Verkehr der Binnenschifffahrt aus Polen bereits im Jahr 2023 von 294,7 auf 303,0 Kilometer pro Transport erhöht hat.
Die Bahninfrastruktur in Richtung Polen wurde nach dem Krieg kaum ausgebaut und ist im grenzüberschreiten Verkehr voll ausgelastet. Sie steht damit als Alternative für die Aufnahme zusätzlicher grenzüberschreitender Verkehre nicht zur Verfügung.
In Polen wurde zuletzt massiv in den Ausbau der Seehäfen investiert. Ab dem Jahr 2025 werden Seeschiffe mit einer Tragfähigkeit von über 50.000 Gütertonnen die Hafenterminals an den inneren Seegewässern rund um Szczecin erreichen. Im Außenbereich vor Świnoujście will ein belgisch-katarisches Konsortium einen Tiefwassercontainerterminal mit einem Jahresumschlag von bis zu 2 Mio. TEU errichten und betreiben.
Die Deutsche Rhenus Group hat vor einem Monat beim polnischen Infrastrukturministerium eine Freigabe zur vollständigen Übernahme des Bulk Cargo – Port Szczecin beantragt, mit 4 Mio. Gütertonnen Umschlag pro Jahr der größte Terminalbetreiber in Szczecin. Bereits vor vier Jahren hatte die Rhenus Group die Fahrzeugflotte der damals zur polnischen OT Logistics Group gehörenden Deutschen Binnenreederei übernommen und investiert seitdem massiv in die Modernisierung der heute noch 500 Fahrzeuge umfassenden Flotte.
Auch bei der Weißen Flotte erfreut sich die Destination nach Polen einer hohen Nachfrage. So meldete die Seehafenverwaltung von Szczecin – Świnoujście für das Jahr 2023 über 200 Ankünfte von Flusskreuzfahrtschiffen in Szczecin, von denen die meisten zwischen Berlin und Szczecin sowie weiter bis nach Rügen und Stralsund verkehren.
Der Großteil des Verkehrszuwachses bei der Weißen Flotte dürfte aber auf die weiter zunehmenden Besucherzahlen an den Hebewerken und die entsprechende Zunahme der dort angebotenen Barkassenfahrten zurückzuführen sein. Zu Beginn des Jahres 2024 hatte die SHW Touristik- und Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft mbH das vor Ort tätige Traditionsunternehmen Fahrgastschifffahrt Neumann übernommen und vermarktet nun alle touristischen Angebote für die zuletzt wieder ca. 200.000 Besucher pro Jahr aus einer Hand.